Sonntag, 27. November 2011

Folge 7: Frohes Fest!– Weihnachten im November

Ja, wieder einmal merke ich, dass ich einfach eine verdammte Spaßbremse bin und mich nicht adäquat in den gesellschaftlichen „Unterhaltungskanon“ einordnen kann…
Denn eigentlich ist es natürlich ein Grund zur Freude, ein Anlass um jubilierend durch die Straßen zu springen…eben einfach ein vorweihnachtliches Geschenk, das einem sogar über die Zeitdauer eines ganzen Monats  kredenzt wird.

Die Trabantenstadt der Ramschjünger – endlich haben Sie wieder die sonst so kalte Innenstadt eingenommen und beglücken uns mit alledem was man so braucht für das echte Weihnachtsgefühl.
Sie kommen von nah und fern, und alle folgen Sie dem hellsten Stern am Spaßfirmament, der sich nach Ansicht der Bibelforschung wahrscheinlich schon immer auf dem „Höchsten Weihnachtsbaum“ von wahlweise Deutschland, NRW, Ostwestfalen oder dem „Kreis Gütersloh“ befunden hat.
Ja, alle diejenigen, die das ganze Jahr über eine traurige Existenz auf Mittelalterjahrmärkten, Erotik-Messen, Tuning-Motorshows, Reptilienbörsen oder anderen Veranstaltungen „für ein ausgesuchtes Fachpublikum“ am Rande der Gesellschaft fristen müssen, haben jetzt Ihren großen Auftritt. Mit 3 km/h paradieren sie mit festlich geschmückten Traktoren und Tiefladern Sternförmig auf die zentrale Via Konsumalis zu  und nehmen Ihren angestammten Platz im Herzen der Stadt und des Autors ein…

Denn das Winter Wunderland (ganz tiefer Griff in die Mottenkiste des Stadtmarketing…) hat wieder einiges zu bieten und man weiß gar nicht, wo man sich vom aufgebrachten Konsummob zuerst hinschieben lassen soll. An jeder Ecke warten neben Müllbergen, Glasscherben und Kotzelachen tolle Attraktionen aus den Bereichen Gastronomie, Einkauf und Unterhaltung für die ganze Familie. Hier ist wirklich nur die Crème de la Crème der Ausstellerzunft vertreten, die erst nach sorgfältiger Prüfung der eingegangenen Schmiergeldzahlungen durch die korrupte Stadtbeamtenschaft Ihre Zulassung bekommen hat und auch noch zusätzlich die allgemein gültigen, strengen Vorschriften erfüllt.

Eine Standlizenz im Gastronomiebereich wird z.B. nur an Betreiber vergeben, die ganz fett im Geschäft  bzw. im „Fettgeschäft“ sind – denn die goldbraune Innungsregel lautet „Nichts, was nicht noch paniert oder aber zumindest doppelt Angebraten werde könnte!“. Ja, eine wahrlich zu Herzen gehende Angelegenheit diese „Lieb Den Leberkäs!“-Ernährung. Doch nur weil  die Fettsäuren alle gesättigt sind, ist das der Besucher ja noch lange nicht. Und so geht es gleich munter weiter und die Szenerie gewinnt zunehmend an Atmosphäre…

Dunkelheit legt sich über die Stadt und  die lokalen Stadtwerke sorgen dafür, dass das Problem der Lichtverschmutzung auch ohne Satellitenbilder sichtbar wird. Denn wenn den Geistigen Leuchten im Rathaus auch sonst keine 5 Watt Sparbirne aufgeht, dann muss aber doch bitte jetzt für einen Monat das Gemeine Fußvolk von einer vorweihnachtlichen Illumination geblendet werden, die uns auch hier mit schlechtem Beispiel VoR WEggehen lässt und den Stadtetat für Kultur und Bildung gleich im nächsten Braunkohlekraftwerk mitverfeuert.

Aus den Boxen ertönt wie jedes Jahr der „Running Gag“, der tatsächlich zum Davonlaufen ist - Wham!  mit "Last Christmas" - und unterlegt harmonisch das Gegröle der Fraktion: Blut + Wasser + X, die Ihren angestammten Clubsitz auf dem Mäces Parkplatz vorübergehend aufgegeben haben, um sich nun hier in Ruhe auf die nächste Bollerwagensaison vorzubereiten..
Der Glühwein fließt in Strömen und die armen Verkäufer kommen kaum noch nach mit dem Aufschneiden der Tetra Paks. Vorweihnachtlich wabert die Bratfettlohe durch die Budenstadt und die osteuropäischen Taschendiebe zeigen, dass auch Nehmen selig machen kann – vor allem wenn die die Geben, ihre gesamten Monatseinkünfte im offenen Rucksack als Bargeldspende offerieren oder sich überrascht zeigen, das die vertrauenswürdige Zigeunerin den Weg zum Bahnhof scheinbar doch alleine findet.

Um sicherzugehen, das auch die lieben Kleinen etwas vom besinnlichen Gemeinschaftsreihern hinter der Alten Kirche haben (es ist schließlich ein Familienfest)  werden Sie mit Ihren süßigkeitenbepackten Mägen noch 3, 4 Mal mit einem stilvollen Plastegaul oder einem traditionellen Pokémon Monster in die Runde geschickt  um unter der professionellen Moderation von ehemaligen QVC Verkäufern (Gern gehörter Satz: „Ja, ich sehe es sind nur noch 13 Plätze verfügbar – Seien Sie schnell…“) wieder 3 Kubikmeter Rosa Zuckerwatte hoch zu würgen…
In der Kirche herrscht dagegen jetzt noch Flaute, man will sich ja das einmalige Event zu Weihnachten nicht jetzt schon zerstören…und überhaupt als „moderner“ Katholik ist man wahrscheinlich ohnehin flexibel… nach einer Segnung durch Franziskus von Assi, mit seiner halblitrigen Gefolgschaft, geht wohl auch ein Abendmahl mit Glühwein und Lángos durch – der Glaube versetzt Berge…und Schamgrenzen irgendwo ins Nirwana:
 Als junge Frau auf dem Weihnachtsmarkt, weiß man wohl schon gar nicht mehr, ob einem da beim Massenkuscheln der Vater, der Sohn oder der Heilige Geist an den Hintern greift…

Aber Spaß hamm wa!
Und Geschenkideen gibt es da, der Wahnsinn! – Da kann aber jeder 1€ Laden abstinken:
Das halbe Erzgebirge wurde wieder Mal abgerodet um dem Waldsterben das niedliche Gesicht eines Sächsischen Bergparadisten zu geben und den Beweis zu liefern, das man selbst als Hinterwäldler den hässlichen Schwibbogen zur Klimakatastrophe schlagen kann. Die kleinen vietnamesischen Kinderkobolde in Santas„Sweatshop“werkstatt haben wieder im Akkord genäht um uns rechzeitig mit den neuesten Polyestertrends der Wintersaison zu erfreuen, wobei die Trendfarbe „krebsrot“ wieder ein „unter die Haut gehendes“ Trageerlebnis verspricht .
Und auch die volkswirtschaftliche Bedeutung der Ergotherapie erschließt sich einem sofort, wenn man sieht was Alles aus Ton zusammengeklumpt werden kann( …wer übrigens „handgemacht“ automatisch für einen Qualitätsbeweis hält, dem empfehle ich einen Ausflug ins lokale Pornokino…)
Aber im Zweifel ist natürlich Alles: „stilvoll“, „authentisch“, „traditionell“ und/oder ganz wichtig „individuell“.
In Zeiten, in denen der Nachbar so anonym ist, wie bei „Britt“ hinter der Schattenwand, und wir alle zu einem uniformierten Brei zusammenschwappen, da hat Alles mit „DEINEM NAMEN“ aber Hochkonjunktur wie iPhone 4S und Burnout.
Getreu dem Motto: Nur für Dich!: Aaron, Abbas, Abel…
Denn, bevor man nur eine unbedeutende Nummer in der Lotterie des Lebens ist, ist man dann doch lieber ein liebevoll vorgestanzter Name auf einem verschimmelten Reiskorn.
Dumm wäre nur, wenn man selbst da, mit den anderen zusammen in einen Sack gesteckt wird, dann wäre man vom Interessensniveau wahrscheinlich wieder beim umfallenden Pendant aus China.
 Aber na ja, ist auf jeden Fall ein Super Geschenk, das allenfalls noch
durch ein Freundschaftsband von der Tanke („…über 200 Namen vorrätig…“) getoppt werden kann und mich fast so anspricht, wie eine persönliche Grußbotschaft des Papstes oder ein exklusiv an mich gerichtetes Angebot des web.de Clubs

Aber es liegt einfach an mir, denn Massen von aggressiven Leuten mögen zwar irre sein, können sich aber sicher nicht irren. Also, raus mit euch und genießt die Zeit, es ist ja eine erschreckend lange Pause bis der Feierwahnsinn mit Karneval und Ostern wieder Fahrt aufnimmt…

Gute Nacht!

PS: Wer jetzt so richtig Lust auf den nächsten Weihnachtsmarktbesuch bekommen hat, oder generell auf Elendstourismus steht, dem empfehle ich die tolle Website


wo, sich eine komplette Auflistung der – ich zitiere – „Glanzlichter in Europa“ findet. Darunter auch solche Premiumevents wie die „Bücherbörse in Erkelenz“ oder das besinnliche „Tattoo 2011“ Festival in Berlin (…alle die jetzt schon von einem neckischen Rentierarschgeweih oder einem mystischen Tannenzapfentribal träumen, muss ich leider enttäuschen – Es handelt sich um ein vorweihnachtliches Militärmusikfestival mit Spitzenbesetzung (Royal Army of Oman…etc.).
Tja, schade um die Körperbemalung, aber trotzdem eine „besinnliche“ Vorstellung dieser Militärfatzkes mit einem rassigen „Jingle Bells Medley“ im nächsten „Schurkenstaat“ einzumarschieren um die (Fleisch-) Fetzen fliegen zu lassen…Operation „Santa Storm“ soll der „Achse des Bösen“ wohl Mal mit der Nuklearen Rute den Arsch versohlen, damit es selbst im Moslemland zu Weihnachten „strahlende“ Kinderaugen gibt und bei Obamas  der nächste Friedensnobelpreis unterm Baum liegt…).

Viel Spaß beim Stöbern und Besuchen…

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