Sonntag, 30. Oktober 2011

Folge 2: "Wissenschaftliche Arbeitstechniken"


Zunächst einmal möchte ich mich bedanken.
 Bedanken bei mir selber, für die unglaubliche Geduld, die ich während der letzten 5 Minuten aufgebracht habe.
Es war nicht immer einfach, und ich war mehrfach (besonders, als das spannende Urteil bei Richter Hold anstand…) kurz davor aufzugeben. Doch letztendlich habe ich mich durchgebissen und bin stolz, Ihnen allen, das Ergebnis von 3 Tassen Kaffee und einem kurzen Moment der Langeweile präsentieren zu können.



Ich habe ja schon so einige Erkenntnisse im Laufe meines (viel zu langen) Studentenlebens gewonnen (von Zimmern in den „nettesten“ WGs der Stadt ist dringend abzuraten, Tutoren zeichnen sich in den seltensten Fällen durch besondere Sachkompetenz aus (>>>„first-come, first-served“ darf in diesem Zusammenhang gerne mehrdeutig interpretiert werden) und, wer bei 35 Grad Celsius Mitte August in der Uni Bib zum Lernen ist, der hält Soziale Netzwerke tatsächlich für eine Erfindung des Internets…) doch eine der prägnantesten, über die ich mich immer wieder freuen kann, ist die, das an der Uni das Motto gilt: „Es kommt nicht die Bohne darauf an, WAS man zu sagen oder zu schreiben hat – Hauptsache ist doch, man unterfüttert, - welche Grütze auch immer - , mit der Referenzliteratur oder der empirischen Studie eines anderen akademischen „Genies“"…- oder um es  in der facebook Sprache zu sagen, Professor / Dr./ Autor…XY, klickt im übertragenen Sinne den „Gefällt mir!“ Button.
Eigenständiges Denken und Gesunder Menschenverstand sind ja schön und gut, aber während der Vorlesungen und Seminare doch bitte beim Pförtner abzugeben (>>> Ich habe da diese grandiose Monty Python Szene im Kopf – „Keine Logik! Keine Ideen! Freies Denken bitte abgeben….“Keine Logik! Keine Ideen! Freies Denken bitte abgeben!...“ )

Die Gleichung in der Uni Arithmetik lautet also in etwa so:

Machen = Aktiv selber etwas tun
NACHmachen = Das Gleiche tun, was jemand anderes auch schon tut / getan hat

Und daraus ergibt sich:

Denken = Eine legendäre Fertigkeit, die NUR und EXKLUSIV Leuten mit Abschluss und wichtigtuerischem Titel (Besonders toll finde ich hier   „Dr. multiplex“…schon dumm, wenn man so titelgeil ist und alle bloß denken man hätte über die Stumpfsinnigkeit von Avatar promoviert…) vorbehalten ist und aufgrund Ihrer Unberechenbarkeit äußerst spärlich eingesetzt werden sollte…
NACHdenken = Auf den ausgelatschten Geistigen Pfaden der anderen Wandeln…

Dann weiß man also auch, was gemeint ist, mit der Aussage „Lassen Sie uns Mal nachdenken…“
Genau!: „Her mit der Bücherliste!“ Und dann: NACHlesen! NACHlesen! NACHlesen! 
– Jap, machen wir! Am Besten im Geistigen Brutkasten, auch Uni Bibliothek genannt, wo soviel frischer Wind weht, wie in einem nordkoreanischen Luftschutzbunker (und zwar in wörtlichem und übertragenen Sinne!). In dieser „Lernatmosphäre“ sprießt die Kreativität natürlich wie ein Shiitake Pilz in Fukushima. Schade nur, das die Geistige Elite meiner Kurse mit dem Sozialverhalten eines Goldhamsters gesegnet ist und den Ausleihstatus sämtlicher relevanter Literatur für die nächsten 3 Monate Mal wieder auf „Nicht verfügbar“ gesetzt hat…( >>>Wenn man wirklich KOMPLETTE Bücher liest, zeugt das im Übrigen von der faszinierenden Fähigkeit sich auf das Wesentliche im Leben konzentrieren zu können….).
Aber zum Glück gibt es ja für jedes Fach eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen, die man sich „online“ abrufen kann.
Zeitschriften mit klangvollen Namen, wie das
  African Journal of Cross-Cultural Psychology and Sport Facilitation
 interpretieren natürlich bahnbrechende Erkenntnisse, wie dass der Ball rund ist, auf eine vollkommen neue Art und Weise…
Um dem ganzen System eine Daseinsberechtigung zu verschaffen muss man als gemeiner Student (also jemand, der nicht gleich mit dem Parteibuch durch gewunken wird…) schon ein NEU formuliertes Werk abgeben, was einen dann direkt in das so genannte „Bullshit Dilemma“ (Bauer Horst, 2002) führt – sprich, das Problem, den alten Mist in neue Hochglanzfolie bzw. Worthülsen zu packen.
Wenn wir jetzt Mal davon ausgehen, dass am Anfang der Forschung ein gewisser „Wissenspool“ bestand und Alles weitere sich daraus ergab – man also immer nur ein „Best of“ dieses Mülls zusammen sammelte –  denn verläuft die Entwicklung eben wie bei einer CD der Rolling Stones: Erst gibt es „Bullshit“, dann „The Best of Bullshit“, „The very best of Bullshit „ , „Bullshit – Remastered“…bis wir schließlich bei der Legacy Edition mit 3-seitigem Nachwort von der Stieftochter des Doktorvaters angekommen sind.
Bei dem Ganzen handelt es sich dann um einen klassischen Fall von Inzest würde ich sagen!
Das aber ein bisschen Durchmischung ganz vorteilhaft ist, dass kann man ja schon in manch ländlicher Gegend feststellen, wo die Dorffeste gleichzeitig das jährliche Familienfest ersetzen – Oder um es etwas komplizierter zu formulieren (bin ja schließlich Akademiker *schulterklopf*)…
Bei den Vätern großer Ideen / Erfolge handelt es sich eher selten um den Bruder von deren Mutter…
Aber egal – Hauptsache die Elaborationen werden geistig durch gewunken – und um da die Chancen exorbitant zu verbessern hier noch 2 ultimative Tipps für zukünftige Studentinnen bzw. Studenten: (Soll noch mal jemand sagen, das sei kein Service Blog…)

Tipp 1:         Essenziell für jedes Popel Paper (Man beachte die Alliteration!) ist eine dubiose Grafik, die im Allgemeinen den Aussagewert einer „Media Markt“ Werbung hat.
Wichtig:          Bitte immer möglichst prominent platzieren und folgende Punkte beachten:

-         Grundsätzlich ist nie etwas „isoliert“ zu betrachten
-         Alles wird von Allem beeinflusst >>> Pfeile immer in alle Richtungen
-         In die Mitte eine schöne Blase mit markanten Stichworten – beispielsweise „Heiße Luft“

Für ein perfektes Beispiel dieser wissenschaftlichen Kunstform empfehle ich die Betrachtung des Kauzschen LMAA Modells (2011), das der angegebenen Literatur zu entnehmen ist. Dort findet Ihr auch gleich noch die wichtigsten Sätze für die anschließende Interpretation (“Wie man deutlich erkennt steigt die Menge der gequirlten Scheiße exponentiell zur Anzahl der geschriebenen Wörter…“ usw.).




Tipp 2:          Das ganze Projekt steht und fällt mit dem Titel – und für den gelten sehr spezielle Regeln:

  1. Er darf auf KEINEN Fall in die Betreffzeile einer Email passen!
  2. Selbst wenn Ihr über die Bedeutung Deutscher Dialekte für die Deutsch – Deutsche Wiedervereinigung 1990 schreibt, heißt das nicht, das man nicht noch ein paar Fremdwörter einstreuen kann…
  3. Nach dem ersten Teil des Titels auf jeden Fall einen Bindestrich setzen und solche markanten Untertitel hinzufügen wie – „Eine kritische Analyse“

Wie man die einzelnen Punkte geschickt miteinander verwebt, für weitere Hinweise sowie einige gelungene Praxisbeispiele („ The sociocultural meaning of the copy & paste function for the development of the academic working field in the 21st century – a critical field analysis“ …usw.)
möchte ich auch in diesem Falle auf die Referenzliteratur verweisen.

Doch…, als Fazit kann ich sagen: „Uni find ich Spitze! – Und Wissenschaftliches Arbeiten sowieso!“
Machen „wir Akademiker“ also weiter wie gehabt, klopfen uns gegenseitig auf die Schultern und versinken im großen Sumpf des Scheinwissens…
Ich habe jedenfalls das Gefühl, das mir diese lauwarme Geistige Brühe schon bis zum Halse steht…

Gute Nacht!

Referenzliste:

Kauz, Wald, 2011, „Das große Buch der Wichtigtuerei – Substanzielles Grundwissen der Akademischen Schaumschlägerei“, Klug & Scheißer, Bielefeld

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